Hallo zusammen,

ich hab die letzten Tage hier immer mal wieder mitgelesen und fühl mich hier eigentlich ganz wohl und brauch Euch jetzt als Ersatz-Droge.

Zu meiner Geschichte: vor einem halben Jahr ist mein Papa an Lungenkrebs gestorben, obwohl er 5 Jahre vorher mit dem Rauchen aufgehört hat - aber er hat einfach zu lange geraucht, ich schätze mal 30-40 Jahre werden es schon gewesen sein. Seitdem - ich war natürlich damals direkt beim Pneumologen (damals war alles gut) - muss ich mich mit dem Gedanken tragen, dass ich zu einer Risiko-Gruppe gehöre (rauche seit ca. 14 Jahren) und die Wahrscheinlichkeit, dass ich mal an Lungenkrebs erkranken werde deutlich höher ist, als bei Menschen, in deren Familie es noch keinen Fall davon gegeben hat. So habe ich nun das letzte halbe Jahr damit verbracht, diesen Gedanken immer mal wieder zu verdrängen und einfach versucht, meinen Zigaretten-Konsum zu reduzieren. Immerhin hab ich Letzteres ja eigentlich gut geschafft, denn wo ich vorher noch knapp eine Schachtel pro Tag geraucht hab, hab ich im letzten halben Jahr an keinem einzigen Tag, mehr als 12 Kippen geraucht. An den Wochenenden waren es sogar z.T. nur 4 Stück pro Tag. Aber ganz aufhören - das wollte in meinen Schädel einfach nicht rein.

In den letzten Wochen hatte ich mir bei jeder Zigarette gesagt: "eigentlich ist es ja komplett bescheuert, was ich hier mache (meine das Rauchen)" und dieser Gedanke wurde immer stärker, aber irgendwas in meinem Hirn hat immer geflüstert "red Dir den Schmarrn nur ein, sobald Du keine Kippen mehr hast, denkst Du anders"
Und so kam es, dass an diesem vergangenen Samstag der Tag X sein sollte - ich wollte aufhören und zwar genau bis 2 h nach dem Aufstehen... Ich hatte keine Kippen mehr daheim und jeder einzelne Gedanke drehte sich nur um's Rauchen. Also auf zur Tanke und natürlich Rückfall. Dann meinen Liebsten angerufen und direkt gestanden, dass es nicht geklappt hat - der war natürlich traurig, aber irgendwo konnte er es auch verstehen. Er ist selbst seit 15 Jahren NMR und sagt selbst, dass er unzählige Male versucht hat, aufzuhören, bevor es endgültig geklappt hat.
Aus lauter Frust über die eigene Disziplinlosigkeit hab ich dann mal direkt wieder losgelegt und mich immer wieder gefragt, warum mir meine Ex-rauchenden Freundinnen alle erzählt haben, dass es doch ganz einfach gewesen war und es für sie überhaupt kein Problem war aufzuhören. Man, bin ich so unfähig oder die so stark? Die haben deutlich mehr gequalmt als ich und sagen einstimmig, dass es doch sooooooo einfach ist. Egal, passiert ist passiert und ich hab's nicht geschafft

Dann Samstag abend - ihr kennt das alle: ein toller Moment und man zündet sich eine an. Mein Moment war "Living on a Prayer" von Bon Jovi, den wir uns am Samstag angehört haben (waren nicht im Stadion, sondern nur davor) und ich dachte mir mal wieder "das soll die letzte gewesen sein". Im gleichen Moment natürlich die andere Stimme in meinem Kopf "das glaubst Du doch selbst nicht, hast ja noch 'ne halbe Schachtel voll". Aber egal, welche Stimme gewinnt, für den Abend sollte es wirklich die letzte gewesen sein.
Dann Sonntag morgen, alles wie immer, so ein bisschen war das Verlangen nach 'ner Kippe da, aber noch nicht so tragisch. Irgendwann dann, sagte ich zu meinem Freund - ich geh jetzt eine Rauchen und er sagte "Nein". Na gut, hab ich mir gedacht, dann halt später, denn auch Du gehst irgendwann mal Duschen :). Aber auch aus später wurde nichts, denn jedes Mal, wenn es mich so richtig gedrückt hat (und glaubt mir, dass war nicht nur mal alle paar Stunden so, sondern im gefühlten 5-min-Takt), hat mich mein Freund davon abgehalten. Ich hab geheult ohne Ende, hab ihn angeschrien und und und, aber er ist stark geblieben und hat mich immer in den Arm genommen, mich getröstet und mir gut zugeredet. Aber das Beste daran war: ich bin auch stark geblieben, denn ich konnte jederzeit an meine Kippen ran und natürlich gab es genügend Momente, wo er nicht da war und trotzdem - in diesen Momenten hab ich mir gedacht, ist es ihm gegenüber unfair - jetzt kann er nix für mich tun und deshalb gehe ich jetzt nicht.
Dann Sonntag abend - war klar, das irgendwas passieren musste, wo man als Raucher sofort zur Kippe greifen würde und glaubt mir - ich wohne 3 Gehminuten von der Tanke weg - ich war kurz davor zur Tanke zu gehen, aber dann hab ich mir das Telefon geschnappt und meinen Liebsten angerufen (wir wohnen noch nicht zusammen), ihn vollgeheult und und und... Und was macht er: steigt ins Auto und fährt sofort zu mir, um mich in die Arme zu nehmen, von der Tanke fern zu halten und so weiter - und das Beste ist: ich war nicht bei der Tanke!
Dann die Nacht: ich kann's immer noch nicht glauben, wie ich mich von diesem Zeug gängeln lasse - ich kann kaum einschlafen, und wenn doch, dann wach ich 5 min später wieder auf, weil meine Lunge nach Nikotin schreit und zwar ganz ganz laut. Und dann jedesmal wieder die Gedanken an den heutigen Arbeitstag: mein Freund nicht bei mir und meine Firma total raucherfreundlich. Am Arbeitsplatz wird bei uns selbstverständlich nicht geraucht, aber dafür gibt es einen Aufenthaltsraum, wo man immer mal wieder gerne hingegangen ist, um Pause zu machen, eine zu Rauchen und ein kleines Pläuschen mit den Kollegen halten - und das alles soll auf einmal nicht mehr sein???

Yepp - jetzt ist es ca. 11:30 Uhr und ich bin seit Samstag, 22:25 Uhr rauchfrei *stolz*. Aber es ist verdammt schwer, ständig muss ich dran denken, ich könnte ja einfach zu Kollege x gehen und nach einer Kippe fragen, aber ich hab es noch nicht getan *freu* Stattdessen sitz ich hier und schreib mir die Seele aus dem Leib, damit ich bloß nicht in Versuchung gelange. Gut, ich gestehe: eine Ersatzdroge hab ich noch - damit ihr auch alle was zum Lachen habt Ich rauche jetzt pollenfreien Sauerstoff. Und zwar hab ich mir 2 Filter von den verbliebenen Ziggis (die sind in der Wohnung meines Freundes geblieben) abgemacht - ja, ich hab gestern abend 2 Ziggis zerstört und dabei noch nicht mal Bauchschmerzen gehabt - und die hab ich jetzt dabei. Und wenn es unerträglich wird, dann nehm ich einfach einen kräftigen Zug pollenfreien Sauerstoff und denke immer daran, dass ich jetzt schon länger rauchfrei bin, als in den letzten 14 Jahren und dass ich so einen grausamen Tag, wie gestern bzw. die letzte Nacht nie wieder haben möchte.

So, das war mein erster Eintrag hier - ich weiß nicht, wie oft ich wiederkomme, denn eigentlich ist mir so ein Tagebuch zu anstrengend, aber ich glaub, für den Anfang muss ich hier immer wieder vorbeikommen, nur um zu lesen, was ich bisher geschafft hab und um mir weiterhin kleine Arbeitspausen zu gönnen, aber dabei eben nicht Rauchen zu gehen.

Vorab schon mal vielen vielen Dank für Eure offenen Ohren!!!