Jesters Tagebuch

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Jester
Sali Junia

Sali Junia

Danke für den Spiegel und dass Dir mein Schreiben gefällt :-).

Dein Spiegel:

- sehr cool.
- abgeklärt
- unaufgeregt

Unaufgeregt passt zu meiner eigener Wahrnehmung und geht in die gleiche Richtung wie Gelassenheit.

Mit cool und abgeklärt geräte ich etwas ins Grübeln - so nehme ich mich eigentlich selbst nicht wirklich war.

Aber so ist das wohl: Selber sieht mach sich immer mit anderen Augen als jemand anders.

Oder hört sich das schon wieder abgeklärt an?

Wink Jester

Junia
Hej Jester,

Hej Jester,

ja, mit Fremd- und Eigenwahrnehmung ist das so eine Sache Wink . Da gebe ich dir voll und ganz recht. Im Übrigen würde ich auch gar nicht von dem Schreibstil 100% auf dein Wesen schließen. Das können ja zwei sehr verschiedene paar Schuhe sein.

Ich wünsche dir noch einen schönen Abend und weiterhin viel Kraft!

Liebe Grüße,

Junia

Jester
Globalisierung ist -

Globalisierung ist - zweifelsohne - so eine Sache, die schlechte wie auch gute Seiten hat.

Schlecht finde ich zum Beispiel, dass in Europa immer mehr Halloween gefeiert wird. Gut finde ich zum Beispiel, dass im Oktober nicht nur in München fesches Treiben auf der Wiesn herrscht.

OK, beides gehört eigentlich nicht hierher. Letzteres finde ich aber dennoch irgendwie witzig und Bier schmeckt nunmal und dasjenige aus meiner Heimatstadt sowieso.

Gestern also auf einer Pseudo-Wiesn auf einer Festbank stehend, zu Live-Musik in Endlosschleife tanzend, mich massvoll Bier trinkend dem Moment hingegeben. Ich trage Zufriedenheit im Gesicht und ein Lächeln auf der Lippe. Als ich mich wieder hinsetze, kommt ein in einer anderen Stadt arbeitender Arbeitskollege zu mir und fragt: Haste mal ne Kippe?

Kurzes innehalten und dann: Ich ziehe die Schachtel aus der Tasche und biete ihm an.

Gesunder Gesichtsausdruck ... Kaugummi? Ne, ne Kippe soll es sein.

Kann ich leider nicht helfen.

Und ja, jetzt wo er mich darauf anspricht: Ich bin in der Rauchentwöhnung.

Hatte ich ja total vergessen.

Jester
Eine kleine Nachteule war ich

Eine kleine Nachteule war ich schon immer. Länger aufbleiben war nie wirklich ein Problem. Früher aufstehen schon eher.

Irgendwie scheint es mir nun, als ob ich plötzlich weniger Schlaf brauche als als Raucher.

Morgens frischer und fitter beim Aufstehen finde ich neuerdings sogar Zeit, um zu Hause Kaffe zu trinken und etwas zu essen, bevor ich zur Türe hinaus gehe.

Und das morgendliche Gefühl in meinem Hals und Mund ist viel besser, angenehmer, gesünder.

Jester
Länger arbeiten gehört beim

Länger arbeiten gehört beim Beruf des Ingenieurs irgendwie dazu.

Wenn Abgabetermine näher kommen, sowieso. Irgend welche Dinge kommen immer erst spät zum Vorschein und Hektik und Stress stellen sich ein.

Hektik und Stress sind schlechte Dinge. Nicht nur für einen Rauchentwöhner - sie sind schlecht für jeden. Es kamen heute Momente, in welchen ich den Kippen-Reflex hatte. Kippen-Reflex ist der Gedanke "Jetzt eine Zigarette!".

Nein, nicht der Gedanke: Es ist der tief sitzende Reflex, den Arbeitsplatz zu verlassen, sich etwas in den Mund zu stecken und sich zu entspannen. Irgendwie sehr oral und irgendwie Säuglingsphase.

Gestillt wurde ich nie und somit auch nie von der Brust entwöhnt. Habe ich deshalb ein höheres Suchtpotential? Bin ich deshalb anfälliger für Zigarettensucht? Interessiere ich mich deshalb so für Brüste?

Eigentlich egal. Der Reflex kam, wurde erkannt und verging sofort wieder. Dieser Reflex mag kein Bewusstsein und kann nicht existieren, wenn er erkannt wird. Er ist im Wesen verwandt mit der Stille, die aufhört zu existieren, wenn man ihren Namen nennt.

Stunden später gehe ich mit unserer technischen Autorin und einem Kollegen Richtung Ausgang. Der Weg führt an einem Raum vorbei, welcher der einzige ist, in dem geraucht werden darf. Die Autorin raucht und oft sassen oder standen wir in jenem Raum, um rauchend zu sprechen - manchmal über die Arbeit und manchmal über etwas anderes.

Zwei gehen nach Hause. Eine bleibt noch etwas länger und wird - Minuten später - wieder mit dem Lift nach oben fahren, um noch ein Kapitel fertig zu schreiben.

Jener Raum kommt mir fremd vor. Ich war schon seit vier Wochen nicht mehr dort und es kommt mir seltsam vor, wenn ich mir vorstelle, einem kläglichen Reflex nachgebend dorthin zu gehen, um zu rauchen.

So wenig Vorteile, welche für so viele Nachteile erkauft werden müssen.

Ami
Bild des Benutzers Ami
[quote:8457b68408="Jester"]So

[quote:8457b68408="Jester"]So wenig Vorteile, welche für so viele Nachteile erkauft werden müssen.[/quote:8457b68408]

Sehr gut erkannt, Jester. Eigentlich könnte man noch weiter gehen und sagen, überhaupt keine Vorteile Wink
Dass gerade berufliche Hektik und Stress in jeder Form zu Schmachtattacken führen, kennen wir wohl alle. Du hast es gut und ohne größere Rückfallgefahr hinter dich gebracht. Jetzt wird jede neue Stresssituation ohne Kippe leichter, das ist jedenfalls meine Erfahrung.
Schönen Sonntag noch und weiter gutes Durchhalten!
Ami :winky1:

rauchfrei seit 23.05.2010

 

[url=http://www.ohnerauchen.de/node/4454]Amis Tagebuch[/url]

 

 

Jester
Es ist Abend und ich liege im

Es ist Abend und ich liege im Bett. Schlaf will sich nicht einstellen - man sagt, dass Rhythmusstörungen bekannte Nebenwirkungen einer Entwöhnung sind.

Zumindest glaube ich, das irgendwo gelesen zu haben.

Ich erinnere mich, dass ich die Vorstellung, im Bett zu liegen und Schafe zu zählen, schräg fand.

Ein Schaf.
Zwei Schafe.
Drei Schafe.

Ich erinnere mich, dass ich vor gar nicht mal so langer Zeit jeweils aufstand, auf den Balkon ging und rauchte, wenn ich nicht einschlafen konnte.

Eine Zigarette.
Zwei Zigaretten.
Drei Zigaretten.

Alle dreissig Minuten, manchmal auch öfter, schlussendlich beinahe Kette.

Schon lange war ich nicht mehr auf dem Balkon. In dieser Jahreszeit fehlt die Motivation, wenn man nicht raucht.

Vielleicht stimmt es, dass man nach drei, vier Wochen eine gewisse Schwelle überstanden und gelernt hat, ohne Kippe auszukommen. Zur Zeit fällt mir das erstaunlich einfach; die Sehnsucht, die Gier, der Drang - nichts von alldem.

Gleichgültigkeit dem Thema gegenüber.

OK, technisch gesehen schummle ich ein wenig. Gemäss Fahrplan noch knapp zwei Monate, bis die Dosis aus Pflaster und Kaugummi auf Null gefahren sein wird.

Ergo ein Drittel hinter mir - es fühlt sich aber an, als sei es schon deutlich mehr als die Hälfte.

Vorfreude auf ein suchtfreies Leben.

Jester
Auf dem Nachhauseweg im Zug

Auf dem Nachhauseweg im Zug sitzend durch die Dunkelheit fahrend und meine Gedanken schweifen lassend finde ich die Vorstellung, eine Zigarette in meiner Hand zu halten und daran zu ziehen, eine angenehme Vorstellung.

Aber nur schon einen Augenblick später ist der sich anschleichende Gedanken ertappt, entlarvt, erkannt, wieder verschwunden.

Rauchen hat was. Wenn ich die Sache nur so gut im Griff hätte, wie anderen Laster, welchen ich mich manchmal hingebe und die mich nicht derart ergreifen, besitzen, beherrschen, kontrollieren, zerstören und mehr Qual als Genuss bereiten.

Nikotin als Dämon mit eisernem Griff.
Raucher als Besessene, deren Seele verloren.
Tabakrauch als Krankheit, langsames Siechtum bringend.

Tod.

Nicht heute und nicht morgen.
Aber für Raucher unweigerlicher und qualvoller.

Sandkörner.

Rinnen durch meine Uhr.
Morgen wird vorgestern heute gewesen sein.

Zeit.

Schneller und schneller läuft sie.
Tage werden weniger und kürzer.

Menschen haben nicht ewig viel Zeit. Irgendwann wird sie abgelaufen sein und niemand weiss, wann das sein wird.

Aber eines ist sicher: Als Raucher hat man weniger Zeit.

Jester
Aus [i]Shantaram[/i] von [i

Aus [i]Shantaram[/i] von [i]Gregory David Roberts[/i] (sinngemäss):

[i]Weshalb ich damals rauchte? Vermutlich, weil ich genauso sehr sterben wie leben wollte.[/i]

Das hat was.

Jester
Auf dem Nachhauseweg im Zuge

Auf dem Nachhauseweg im Zuge sitzend und auf meinem Telefon Zum-Zum spielend steige ich an einem Drehkreuz auf einen anderen Zug um.

Frisch ist es, denke ich mir, als ich die Treppe hoch auf den Bahnsteig gehe - irgendwie frischer als normal.

Die Jacke im anderen Zuge liegen gelassen! Laufschritt: Zurück zur Treppe, hinunter in die Unterführung, unter sieben Gleisen hindurch, Treppe hoch, in den noch stehenden Zug, durch drei Wagen hindurch, Jacke schnappen, aus dem Zug heraus, Treppe runter, unter sieben Gleisen hindurch, Treppe hoch, kurzer Blick auf die Uhr, am Zug entlang bis die Klasse passt, einsteigen, Platz suchen, absitzen und: tief durchatmen.

Keine Schmerzen in der Lunge.
Keine Atemnot.
Etwas erhöhter Puls.
Wohlbefinden.

Mit Rauchen?

Vielleicht hätte ich die Jacke gleich abgeschrieben und erst gar nicht versucht, diese noch zu holen.

Oder ich hätte es versucht und hätte gekeucht, gehustet und meine Lunge hätte geschmerzt.

Egal.

Ich werde meine Jacke auch morgen tragen und ich fühle mich wohl.

Ohne Kippen.

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