Hallo Sylva,

natürlich hast Du Recht, dass sich die Minderwertigkeitsgefühle steigern, wenn ich jetzt eine rauchen würde. Ich glaube sogar, dass sie ins Unermessliche steigen würden. Das habe ich schon mal erlebt. Das ging dann in Selbsthass über, und das ist echt unangenehm. Das ist schlimmer, als jeder Schmacht.

Das alles hat ja auch eine ganz angenehme Seite: Wenn diese Gefühle jetzt auftauchen, dann bedeutet das auch eine Chance. Ich bekomme die Möglichkeit, mich mit Gefühlen, Wünschen und Neigungen auseinanderzusetzen, die eindeutig zu mir gehören, aber durch Zigaretten immer unterdrückt waren. Wenn ich jetzt rauchen würde, wäre diese Chance ganz schnell wieder weg, und ich würde zurück gehen, anstatt nach vorn. Dann wären diese Gefühle nicht mehr spürbar, aber sie wären ja noch da. Sie waren die ganze Zeit da, und konnten (unbewusst) wirken. Jetzt kann ich sie ansehen, und einordnen. Das will ich nicht wieder hergeben.

Gerade in den letzten Tagen habe ich ein paar Male an den Frühling gedacht. Ich bin jetzt schon gespannt, wie gut die Blüten duften. Ich habe als Kind immer den typischen Geruch vom Frühling geliebt, und fand es schade, dass es in den letzten Jahren nicht mehr so richt. Ich glaube, das Problem ist nicht die Tatsache, dass ich vor 12 Jahren in die Stadt gezogen bin, und es hier nicht mehr nach Frühling duftet, sondern dass ich vor 15 Jahren angefangen habe, zu rauchen, und es deswegen nicht mehr riechen kann. Mal sehen (riechen) wie es wird. Ich bin gespannt. Ich freue mich schon darauf, im Frühling mit nem Kaffee auf "meiner" Mauer zu sitzen. Das ist mein Lieblingsplatz.

Hallo Olaf,

das mit der Stimmung verstehe ich ja. Ich sollte mal nachschlagen, wie lange die Dopaminrezeptoren frei liegen. Das wird sich ja ändern, weil der eigene Hormonhaushalt die Produktion wieder anpassen wird. Ich denke, diese Umstellung ist weitestgehend erfolgt. Mir geht es ja von der Stimmung her ganz gut. Nur das mit der Minderwertigkeit ist eben da. Es ist ein Teil von mir, der mich schon lange begleitet. Aber ich bin jetzt nicht traurig, gereizt oder depressiv. Das war ich in der ersten Woche des NMR. Da bin ich bei jeder Kleinigkeit richtig hoch gegangen. Als ich dann aus dem Urlaub kam, war das dann auch noch mal 2 Tage so, aber mittlerweile nicht mehr.

Naja, und was die Emotionen betrifft: Ich bin sehr gespannt.

Liebe Grüsse
Mone

Hallo alle zusammen,

heute kommt nur ganz wenig vorn mir. Ich war heute den ganzen Nachmittag unterwegs, und habe mich mit meiner Gefühlswelt auseinandergesetzt, die ich nur ohne Zigaretten so haben kann. Ist schon unglaublich, was da nun so plötzlich alles aus mir heraus kommt. Da sind Dinge dabei, die schon seit bestimmt 15 Jahren vor sich hinschlumnmern.

Über den Arbeitskreis im Knast haben ich noch mal sehr genau nachgedacht. Ich werde das nicht machen. Das hat mehrere Gründe:

1. Wenn ich hingehe, und es mir ansehe, werden die Gefangenen Erwartungen haben. Sie werden sich freuen, dass nun nicht mehr die männlichen Pfarrer über 70 diese Gruppe leiten, sondern 2 junge Frauen. Bei Männern, die im Gefängnis sitzen, hat das eine recht grosse Auswirkung und Erwartungshaltung inklusive. Was passiert, wenn es mir in dieser Gruppe überhaupt nicht gefällt, und ich mich entschliesse, es nicht zu machen? Dann werden diese Männer, die ja nichts anderes sehen (was diese Gruppe zum lebensnotwendigen Highlight macht) ganz schön vor den Kopf gestossen sein.

2. Ich kann und werde nicht mit Mördern und Vergewaltigern in einer Gruppe zusammen arbeiten, ohne sie mit ihrer Tat zu konfrontieren. Und das würde ich eiskalt tun. Somit würde diese Gruppe zu einer Therapiegruppe werden. Ich habe keine therapeutische Ausbildung, und wäre nicht in der Lage, mich (oder auch die Gefangenen) zu schützen.

3. Ich würde nicht verarbeiten können, einen Menschen vielleicht ganz nett zu finden, von dem ich weiss, dass er einem anderen Menschen das Leben genommen hat.

Fazit: Ich kann und werde das nicht tun, obwohl es sichlerlich sehr interessant gewesen wäre. Aber ich denke, es ist besser für mich, nach meiner (ehrenamtlichen) Ausbildung beim diak. Werk Alkoholiker zu betreuen, die trocken werden möchten, oder ihr Trinkverhalten überdenken möchten.

Liebe Uta, liebe Sylva: Ich möchte mich bei Euch für die lieben Worte bedanken. Ich kann das im Moment recht gut gebrauchen. Vorallem den Austausch. Mir ist es sehr wichtig, auch mal zu lesen, mit welchen Augen andere sehen, was ich schreibe. Naja, und wenn Uta zu mir sagt, dass sie mich toll findet, dann geht das ja auch runter, wie Öl

Liebe rauchfreie Grüsse
Mone

Hallo zusammen,

heute war wieder so ein schmachtiger Tag. Aber es scheint jetzt ganz ganz ganz superlangsam etwas besser zu werden. Muss ja auch, das kann ja nicht ewig so schmachtig bleiben. Das würde ja keiner aushalten, oder?!

Heute habe ich den Rekord gebrochen. So lange, wie jetzt, war ich noch nie clean! Ich find, das sind ganz tolle Aussichten! Ich bin auch gerade so dabei, das etwas für mich (alleine) zu feiern. Ich hab mir den "kleinen Roten" aufgemacht, und dazu gibt es ein paar Naturals mit Knoblauch. Schmeckt voll gut, und ist für mich was zum Geniessen.
Das Glas mit dem Sangrita steht einen Meter von mir entfernt auf dem Tisch. Ich kann den leggeren Gemüsesaft bis hier her riechen. Früher habe ich den nicht mal gerochen, wenn ich meine Nase direkt darüber gehalten habe. Finde ich toll!

Oles Elk hat ausgerechnet, dass ich 36,5 Meter nicht geraucht habe. Ich bin ja mal gespannt, ob es irgendwann die Möglichkeit gibt, eine Summe aller NMRs in Metern auszurechnen. Ich arbeite ganz fleissig daran, den Weg zu Syl zu schaffen! *freu*

Meine jetzige Etappe geht bis Montag, dann steuere ich die 30 Tage an, die ich dann am Donnerstag geschafft habe.

Eine gute Nacht wünscht
Mone