Wenn ich es recht bedenke, dann habe ich mir ein Jubiläum versaut. Ich habe zum dreißigsten Kippenjubiläum einfach aufgehört zu rauchen.
Und eigentlich war es so spontan gar nicht, sondern eher schleichend. Meine erwachsenen Töchter haben mich schon immer ermahnt und nun kommt mein kleiner Sohn auch noch mit erhobenem Zeigefinger daher.
Mein Mann hat vor über zwei Jahren aufgehört, von einem Tag auf den Anderen. Und ich bin fest davon überzeugt, es geht nur so: von einem Tag auf den Anderen.
Ich habe mir Hürden eingebaut:
Ich habe nur noch draußen geraucht, das war im Winter schon manchmal eine Überwindung, aber was macht man nicht alles. Dann habe ich die Kippen zum Einkaufen nicht mitgenommen oder zum Stadtbummel. Ging auch ganz gut, aber den Absprung habe ich nicht geschafft.

Dann habe ich auch von heute auf morgen keinen Kaffee mehr getrunken. Mein Blutdruck hat verrückt gespielt. Bei zwei Kannen Kaffee auf die Kippen darf der Blutdruck auch rumspinnen. Ab da gab und gibt es Tee und zwar Blutorangentee von Aldi. Den kann ich kannenweise trinken.

Und dann kam der schicksalhafte Tag im April, ich weiß gar nicht genau, ob es der 2. oder 3. April war. Es waren Ferien und es hat geregnet wie doof. Mein Sohn (7) und ich sind uns auf den Keks gegangen. Also haben wir uns vor den Fernseher geklemmt. Was ich nicht wusste: es war Krebswoche im Ersten? oder Zweiten Programm. Wir schalten genau rein in „Willi wills wissen“, eine Kinder-Wissensendung. Das Thema: Krebs bei Kindern. Mein Sohn wird ganz still und guckt. Dann kommen sie auf allgemeine Krebsrisiken zu sprechen. Ganz obenan: Rauchen
Mein Sohn kriegt Augen wie Untersetzer und guckt mich an: „Mama, rauchen macht Krebs.....“ Danke, habe ich gedacht, das habe ich echt gebraucht und bin nicht mal sauer, sondern fühle mich geschlagen. Kleiner, du hast gewonnen.
Am selben Abend kam ein Bericht über einen Mann Mitte vierzig, drei Kinder, mit der Diagnose Lungenkrebs. Sie haben die letzten 16 Monate von der Diagnose bis zum Tod dokumentiert. Das tut sich normalerweise kein Raucher an. Ich habs als Wink des Schicksals gesehen. „Das guckst du jetzt bis zum bitteren Ende“.
Ich habs mir angesehen, hab geheult wie ein Schlosshund, weil der arme Kerl wirklich elendig zu Grunde gegangen ist. Das letzte Bild: sie tragen seinen Sarg hinaus.

Das wars fürs mich. Ich hab noch ein oder zwei Tage gebraucht. Am 06.04. hab ich um neun Uhr morgens die letzte Zigarette geraucht, dann habe ich die restlichen Kippen genommen und in der Mülltonne beerdigt.